JOLLY - Family

Tracklist:

  • Lie To Me 
  • Lazarus (Space Masala)
  • Rain
  • Ava
  • Who Will Remember (Whe You Forget)
  • Let Go
  • Violet
  • Circuit Heaven
  • With Me

Info:

VÖ:  22.06.2019

Label: GlassVille Records

video:

Bewertung:

Autor:  Kerbinator

Bewertung:  8,5 / 10



Durch private und bandinterne Rückschläge wurde die Alternative-/Progressive Rock Kapelle Jolly nach drei vielversprechenden Alben („Forty Six Minutes, Twelve Seconds of Music“, „The Audio Guide To Happiness Part I + II“) und einem lukrativen Deal mit InsideOut Music vehement aus der Bahn geworfen. Nach ein paar Jahren eigener Interessen flammt das Feuer, das man ehemals entzündet hatte, wieder auf und quasi als Neuanfang hat man über die Jahre das neue Album „Family“ reifen lassen. So reifen lassen, daß man nun gewillt ist, die Menschheit teilhaben zu lassen an neuer Musik von Jolly.

 

Dabei machen es die Amis dem Hörer gar nicht mal so leicht, der Musik zu folgen. Zwar wirken die vier Jungs um Sänger/Gitarrist Anadale auf den Promofotos wie die netten Schwiegersöhne von nebenan. Gepflegtes Aussehen, Jacketts mit Krawatte...mein lieber Schwan, hier wird wirklich auf „family“ gemacht. Aber Jolly können auch ganz anders. Denn schon der Opener „Lie To Me“ ist eine Gratwanderung zwischen moderner Härte inklusive heruntergestimmter Gitarren und wavigem, minunter etwas weinerlichem Gesang von Anadale. Nicht umsonst werden der Band auch Einflüsse von Radiohead oder Tears for Fears nachgesagt. Aber auch Pink Floyd. Und hier sind wir beim Thema Melodien. Von denen bieten Jolly nämlich außerdem eine ganze Menge und die Grenze zum reinen Artrock ist fließend.

 

Nein, ganz so eingängig wird’s auch in Folge nicht. „Lazarus (Space Masala)“ lässt am Anfang und zwischendurch mal einen sogenannten Narrator sprechen, fröhliche Klänge und langsamer Groove treffen auf intensiven Harmoniegesang und eine dem Titel entsprechende spacige Soundwand. Klar, die Band hat neben Keyboards/Synths auch vorprogrammierte Parts im Programm. Dadurch verbleiben Jolly jederzeit in der Moderne. Verantwortlich hierfür zeichnet Tastenmann Joe Reilly. Aber auch bei diesem Song gibt’s zum Schluß gesunde Härte, was immer wieder für dramatische Ausreißer sorgt.

 

Das extrem ruhig gehaltene „Rain“ mit schönen verklärten Melodien leitet über in einen fulminanten Synthie-Beginn bei „Ava“, welches erneut Programming aber auch verzerrten Gesgang auffährt. Weg von jeder Schwülstigkeit nimmt die Band hier allerdings im Verlauf eine Kurskorrektur mit poppigem Refrain und leichten Dancefloor-Rhythmen vor. Nicht jedermanns Sache sicherlich.

 

„Who Will Remember (When You Forget)“ zeigt dann wieder die netten Jungs von nebenan. Piano, ruhige Atmosphäre, verspielte Klänge. Mit 11 Minuten spendieren Jolly im Anschluß einen wahren Longtrack. „Let It Go“ begeistert durch flockige Rhythmen, Eingängigkeit und einem schönen, wavig-poppigen Refrain, dem ein immens drückender Part inklusive feinem Gitarrensolo folgt. Es werden wieder Saiten tiefergestimmt und der Song letztendlich mit einem tanzbaren Takt vollendet. Sehr starke Nummer.

 

Im Gegensatz zum ruhigen Beginn mit elegischer Gitarre steht bei „Violet“ erst einmal wieder verzerrter Gesang, dem aber atmosphärisch himmlische Schönheit in der Stimme folgt. Eine ware Gänsehaut-Nummer. „Circuit Heaven“ dagegen ist zum Ende des Albums hin eine eher kuriose Angelegenheit. Plötzlich integriert die Band diese komischen „di-di-di-di“-Vocals. Das Gitarrensolo und die der Talkbox ähnlich verzerrten Stimme reissen's gerade noch so raus. Junge, Junge...das klang fast nach Unfall.

 

Versöhnlich wird’s zum Schluß mit „With Me“. Nach kratzigem Start folgen nur noch schöne Melodien, traumhafte Klänge und hervorragend ruhiggestimmter Gesang. Es gibt für „Family“ auch noch eine Deluxe Version mit weiteren Songs und alternativen Versionen. Diese liegt mir allerdings nicht vor und ist somit hier auch nicht zu besprechen.

 

Jolly sind eine sehr interessante Formation im Bereich des modernen Progrocks mit alternative Zügen, Hang zum Progmetal und vielen wunderbaren Melodien. Irgendwie weiß man nie bei der Band was als nächstes kommt und gerade das macht die Kompositionen so spannend, ohne daß man sich zu sehr ins Uferlose verstrickt. Sicherlich eine Platte, in die man sich hineinhören muß, die sich aber dann grandios entfaltet. Hoffen wir, daß Jolly den Faden, den sie durch die Jahre verloren haben, mit diesem tollen Album wieder aufnehmen können. Famos !!



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