35 TAPES - Fabric Of Time

35 Tapes sind eine aus Session-Musikern entstandene, norwegische Progband, die sich nach den 35 Bändern des Mellotron benannt hat. Vorauszusehen, das dieses Instrument eine gewichtige Rolle im Sound des dritten Albums „Fabric Of Time“ spielt. Aber nicht nur, vielmehr kombinieren die Norweger retro-orientierte Prog Klänge der 70er Jahre mit modernerem Neoprog, was auch die Auflistung der verwendeten Tasteninstrumente bestens belegt. Da werden von Synthies a’la King Crimson über Moog, Orgel und Mellotron bis hin zu symphonischen Keyboards eine Vielzahl an Instrumenten integriert.

Los geht’s aber mit einer verspielten Gitarrenmelodie beim Opener „Whistling For The Wind“. Dazu gibt’s einen Gesang von Jarle Wangen, der in rauhen Momenten ein wenig an Steve Hogarth erinnert. Eine düstere, melancholische Atmosphäre macht sich während der acht Minuten des Eröffnungsstücks breit, nicht zuletzt wegen dem Spocks Beard-ähnlichen Orgelspiel. Eine etwas dumpfe Piano-Passage und verzerrter Gesang, aber auch floydsche Momente und eine verklärte Keyboardaufwartung runden den Einstiegssong ab.

Fröhlichere Gitarrenklänge mit Keyboardbegleitung lassen danach „Crawling“ entspannter und auch ruhiger rüberkommen. Eine sphärische Instrumentalpassage und erneut an Pink Floyd erinnernde Momente setzen wunderbare Duftmarken des Könnens der einzelnen Musiker von 35 Tapes. Mit „Art Of Falling“ macht man dann im Prinzip so weiter. Ruhig und mit Piano beginnend wechseln sich danach gediegenere  und flottere Passagen fleißig ab. Das abschließende, verklärte Gitarrensolo ist vom Feinsten.

Auch „The Biggest Lie“ ändert daran nicht viel. Mal entspannter Gesang, mal verzerrter, dazu positive Stimmungen mit Gitarre und Piano lassen Wohlfühlmomente aufkommen. Doch das war alles nur das Vorspiel zum Abschlußhöhepunkt „The Fabric Of Time“, der mit knapp 14 Minuten den Rahmen sprengt und alles anbietet, was man an melodischem Prog so liebt. Streicher und Piano, stimmige Keyboardthemen, schöner balladesker Gesang, der auch mal mehrstimmig sein darf, sowie elegische Gitarrenparts und Violinenklänge sind Zutaten für einen wunderbar atmosphärischen Progsong, der die Essenz des ganzen Albums nochmal auf den Punkt bringt.

Das wir es bei 35 Tapes mit erfahrenen Musikern zu tun haben, merkt man in jeder musikalischen Faser. Aber auch in puncto Songwriting verstehen es die Norweger vorzüglich Prognostalgie mit modernerem Sound zu verknüpfen. Das ergibt fünf recht lange Stücke, mit dem Longtrack am Ende als Höhepunkt. Wer also auf Bands wie Genesis, King Crimson aber auch Marillion oder IQ steht, ist bei 35 Tapes sicherlich nicht verkehrt. Großartig anspruchsvolle Musik.